ZUR GESCHICHTE DES BAHNHOFS

Nach der Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke in Deutschland von Nürnberg nach Fürth im Jahre 1835 wurde der Eisenbahnbau auch in Bayern zügig vorangetrieben. Im Rahmen des Ausbaus der bayerischen Ostbahnen wurde am 9. Mai 1859 offiziell die Strecke Nürnberg – Amberg eröffnet. Damit erhielt auch Ottensoos erstmals einen Bahnhof. Der Bahnhofsarchitekt war Georg Friedrich Bürklein (geboren 1813 in Burk/Mfr., gestorben 1872 in Werneck ).

 

(Zeichnung v.Moos)

G.F. Bürklein galt Mitte des 19.Jh. als der bedeutendste bayerische Baumeister seiner Zeit. Durch Talent und Arbeitskraft aus dem großen Schülerkreis um Friedrich von Gärtner hervorragend, wurde er frühzeitig zu dessen Nachfolger in die Position des ersten Architekten des bayerischen Königs Maximilian II. berufen. Mit dem Fürther Rathaus (1840 –1850) führte der gerade Fünfundzwanzigjährige bereits eines der wichtigsten Bauprojekte Bayerns aus. Zehn Jahre später entwarf er den Münchner Hauptbahnhof mit seiner gewagten Stahlkonstruktion, ein international beachtetes Bauwerk, dessen Funktionalität den Ansprüchen des Eisenbahnbetriebs über ein Jahrhundert hinweg genügen sollte. Unter seiner Planung wurden außerdem u.a. die Bahnhöfe Ansbach, Augsburg, Bamberg, Hof, Nördlingen und Würzburg errichtet.

 

Seine steile Karriere führte ihn bis hin zum „Generaldirektionsrath der königlichen Verkehrsanstalten“. Auf seinem Höhepunkt standen der Entwurf und die Ausführung der Maximilianstraße mit ihren Staats-, Geschäfts- und Privatbauten sowie das auf der Isarhöhe malerisch platzierte Maximilianeum.

 

Dem Architekten, der die sowohl größten als auch vornehmensten Bauvorhaben Münchens zwischen 1856 und 1870 durchführte und als Pionier europäischer Bahnhofsarchitektur deren Form entscheidend mitprägte, wurden zu Lebzeiten kaum äußere Ehrungen zuteil. Die charakterliche Eigenart der Bescheidenheit bis hin zur Selbstverleugnung und die mangelnde Fähigkeit, das höfische Umfeld seines Königs positiv für sich zu beeinflussen, ließen den hochgelobten Architekten unmittelbar nach seinem Tod in Vergessenheit geraten. Seine Erben mussten einen zwanzigjährigen Rückstand von Honoraren bei Hof einklagen. (zitiert nach Alexander Klar, Im Dienste des bayerischen Königs, München 2002)

 

Die ersten verfügbaren Architekturzeichnungen des Ottensooses Bahnhofs resultieren vom Oktober 1889 (Plan für die Erweiterung des Stationsgebäudes mit Dienstraum und –wohnung nach Osten). Der zweite Erweiterungsbau resultiert aus dem Jahre 1912 (Umbau Treppenhaus und Erweiterung der Schalterhalle mit Dienstraum).



Ein dritter Umbau fand zwischen den beiden Weltkriegen statt. Die Strecke Nürnberg – Ottensoos wurde im Pendelverkehr als erste Nahverkehrsstrecke eingerichtet. Um die Jahrhundertwende kamen Hunderte von Ausflüglern, für die Ottensoos Ausgangspunkt für Wanderungen und Übernachtungen war (Villa Waldeck). Wirtschaft und Handel profitierten ebenfalls davon, wofür die herrschaftlichen Gebäude der Bahnhof- und Gartenstraße noch heute Zeugnis ablegen. Der Bahnhof war zur damaligen Zeit mit rund 15 Mitarbeitern besetzt.


1984 wurde der Schalterbetrieb aufgelöst, das Gebäude seiner Funktion enthoben und teilweise zum Wohnen genutzt. Im Dezember 2009 wurde der Haltepunkt anlässlich des S-Bahn-Baus nach Hartmannshof ca.100 Meter nach Osten verlegt.

 

Heute ist das Stationsgebäude als Kulturbahnhof der Öffentlichkeit zugänglich. Es wurde von dem Ehepaar Stahlmann aus Ottensoos einer Generalsanierung unterzogen und zum „Kunstmuseum Renate Kirchhof-Stahlmann und Forum für nachhaltige Entwicklung“ umgewandelt.

 

Bereits während der Sanierung wurden die Grundsätze nachhaltigen Wirtschaftens befolgt (z.B. Wieder-/Weiterverwendung vorhandener Materialien, Einsatz regenerativer Energie und baubiologischer Stoffe, strenge Kostenkontrolle trotz Denkmalschutzauflagen, Eigenarbeit mit Nachbarschaftshilfe).

"Der letzte Halt"     Filmemacher: Rudolf Thiessen

Der Kulturbahnhof Ottensoos, Kunstmuseum Renate Kirchhof-Stahlmann und Forum für Nachhaltige Entwicklung erhält wiederholt Auszeichnung der Deutschen UNESCO-Kommission

 

Die Deutsche UNESCO-Kommission hat den Kulturbahnhof Ottensoos, Kunstmuseum Renate Kirchhof-Stahlmann und Forum für Nachhaltige Entwicklung auch für das letzte Jahr 2014 der Weltdekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" ausgezeichnet. Die Auszeichnung erhalten Initiativen, die das Anliegen dieser weltweiten Bildungsoffensive der Vereinten Nationen vorbildlich umsetzen: Sie vermitteln Kindern und Erwachsenen nachhaltiges Denken und Handeln.

Der Kulturbahnhof Ottensoos zeigt eindrucksvoll, wie zukunftsfähige Bildung aussehen kann. Das Votum der Jury würdigt das Projekt, weil es verständlich vermittelt, wie Menschen nachhaltig handeln“, so Prof. Dr. Gerhard de Haan, Vorsitzender des Nationalkomitees und der Jury der UN-Dekade in Deutschland.

 

Quelle: Deutsche UNESCO-Kommission e.V. :

Pressetext Dekadeprojekt Sep 2012-1 / Nov. 2013